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JURYRAPPORT AMSTERDAMS FONDS VOOR DE KUNST

MIMOGRAFIEPREIS 2001


an Gerindo Kamid Kartadinata für die Vorstellung "Charms"
Die Jury: Rob de Graaf, Barbara van Lindt, Jeanette van Steen
Das Werk des russischen Künstlers Daniil Ivanovic Juvatev (1905-1942) - Pseudonym Daniil Charms - bildet schon seit geraumer Zeit eine Inspirationsquelle für Gerindo Kamid Kartadinata. Charms, ein Künstler, der festhielt an seiner eigenen Sichtweise und der ein Einzelgänger blieb, in einer Welt, in der ein stets destruktiverer Kollektivismus herrschte, hat in Gerindo Kamid Kartadinata einen beispielosen Vertreter seiner individualistischen Lebenshaltung gefunden. Denn auch Kartadinata läßt sich durch nichts anderes leiten, als durch seine eigene künstlerische Überzeugung, ohne Rücksicht zu nehmen auf Moden oder auf Wünsche eines einfach zu befriedigenden Publikums.
In "Charms" stellt Gerindo Kamid Kartadinata hohe Anforderungen an sich selbst und läßt das Publikum teilnehmen an einem heftigen, körperlichen und mentalen Abenteuer. Daß er während dem Stück auf dem Kopf hängt, an einem Seil, im subtilen Gleichgewicht mit einem Baumstamm als Kontragewicht, stellt auf sehr direkte Art und Weise dar, wie die Wirklichkeit, die wir kennen auch losgelassen und umgedreht werden könnte. Eine allersimpelste Handlung, wie das Einschenken und Leerdrinken eines Glases, wird in dieser umgekehrten Haltung plötzlich reich an Bedeutung: die körperliche Anstrengung, die der Schauspieler leisten muß, um dieses Stückchen zivilisiertes Verhalten zu einem guten Ende zu bringen, erinnert uns an die Mühe, die es einen freien Menschen kostet, sich an die Regeln der Gesellschaft zu konformieren.
Kartadinata´s Spiel mit Gefahr, Labilität und Ordnungswidrigkeit wird von der Jury gesehen als sein eigenes Ringen mit der existenziellen Frage: Die Frage, was es bedeutet ein Körper zu sein, ein Körper mit einem Willen, ein Körper in der Welt. "Charms" ist ein radikales Solo von einem Mimetheatermacher, der mit bewundernswerter Disziplin über seinen Körper und den Raum herrscht. Das Theater hat solche individualistischen und abenteuerlichen Theatermacher nötig: Theatermacher, die ihre eigene Geschichte erzählen und die uns stets wieder daran erinnern, daß alles anders ist, als wir zu wissen glaubten.